Heute war in NRW der letzte Schultag 2020. Zeugnisse und Abschiede sowie im Rahmen des Möglichen kleine Feiern. Doch Corona ist noch immer unser Begleiter, der gar nicht erst vor hat still in der Ecke zu sitzen sondern laut mitten im Geschehen steht. Ich weiß, es gibt sehr viele die unter der Pandemie leiden, Pfleger, die nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht, Verkäufer, die Doppelschichten eingelegt haben und angemotzt wurden, als es auf Grund dummer Verbraucher kein Klopapier mehr gab, Angestellte, aber vor allem auch kleine Selbstständige, die nicht wissen, wie sie ihre nächste Rechnung bezahlen sollen oder schlimmer, davor stehen alles zu verlieren. Das ist schrecklich und ich empfinde gegenüber jedem, der dieses Schicksal aktuell ertragen muss tiefes Mitgefühl. Unsere Familie hat Glück, da mein Mann für einen großen IT Distributor arbeitet und viele Firmen durch Corona ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt haben/schicken mussten, hatte er genug Arbeit um weiter voll zu arbeiten und seinen regulären Lohn zu bekommen.
Ich möchte also mit diesem Blogpost niemandem auf die Füße treten, wenn ich sage, dass meiner Ansicht nach, die Kinder am meisten leiden. Erst wurde ihnen von heute auf morgen untersagt in die Schule zu gehen – was den einen oder anderen Schüler bestimmt zunächst gefreut hat. Auch Kindergärten und andere Einrichtungen der Kinderbetreuung und Kindertagespflege wurden geschlossen. (Ja es gab Ausnahmen für Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, deren Liste sich über die Wochen der Maßnahmen auch immer wieder veränderte.) Ihnen wurde untersagt sich mit ihren Freunden und den Großeltern zu treffen, auch zu Nachbarn durften sie nicht. Ja, ich habe sogar mehrfach gelesen und es auch von Eltern bestätigt bekommen, dass teilweise auch schon jüngere Kinder während des Lockdowns alleine Zuhause gelassen wurden, weil die Eltern arbeiten gehen mussten, aber ihr Beruf nicht dem kleinen Kreis jener angehörte, die ihre Kinder in die Betreuung bringen durften.
Ich möchte an dieser Stelle einmal darum bitten, dass sich jeder, der das hier liest einmal vorstellt, wie er/sie sich gefühlt hätte als fünf-jähriges Kind alleine Zuhause zu sitzen, während die Eltern (oder der alleinerziehende Elternteil) auf Arbeit sind – teilweise währenddessen nicht erreichbar sind und Oma, Opa etc. nicht für einen da sein dürfen und Mama und Papa keine Geschwister haben, die auf euch aufpassen könnten. Vier, Sechs, Acht oder in ganz schlimmen Fällen noch mehr Stunden alleine Zuhause sitzen. Ich greife an dieser Stelle auch nicht die Eltern an, die keine andere Möglichkeit hatten, weil sie sich an die Vorgaben halten wollten und auch nicht jene, die sich über die Verbote hinweg gesetzt haben und ihre Kinder dennoch in die Obhut eines Verwandten, Bekannten oder Babysitters gegeben haben. Ich frage die Regierung, wer hat sich das ausgedacht? Jemand, der keine Kinder hat? Der selber nie ein Kind war? Der vielleicht selber in seiner Kindheit viel Einsamkeit erlebt hat? Klar, wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht viel über das Virus, dennoch traf es Familien und eben Kinder besonders hart. Und was haben viele der älteren Mitbürger gemacht, für die wir unter andrem uns so eingeschränkt haben? Sind weiter selber einkaufen gegangen, haben den Mindestabstand ignoriert, um dann jüngere Mitmenschen anzukeifen, wenn man mal eben an ihnen vorbei wollte oder haben die Masken unsachgemäß getragen, wodurch sie – obwohl die meisten, die Ottonormalbürger trägt eh sinnlos sind – ihren Sinn noch weiter eingebüßt haben. Natürlich gibt es auch einige, die sich an die Vorgaben gehalten haben und die nach einiger Zeit zu recht gefordert haben, ihren Lebensabend wenigstens wieder ein wenig genießen zu dürfen.
Kommen wir aber wieder auf die Kinder zurück. Nicht nur, dass sie nicht in ihre Einrichtungen durften, auch der Spielplatz war tabu und für viele Familien, die keinen Garten, Balkon oder dergleichen haben stellte dieses Verbot sie vor weitere Herausforderungen. Die Wochen in denen meine drei Männer Zuhause waren, waren für niemanden ein Zuckerschlecken. Mein Ehemann konnte seiner Arbeit nicht so gerecht werden, wie es ihm lieb gewesen wäre, mein Kleiner konnte sich nicht so austoben, wie er es zu der Zeit gebraucht hat und der Große hatte viel Zeit sich zu langweilen, da er seine Freunde nicht sehen durfte, seine Schule ewig gebraucht hat um das Home schooling möglich zu machen und wir keine Eltern sind, die ihre Kinder Stunden lang vor einen Bildschirm setzen. Als die Lehrmaterialien endlich zur Verfügung standen – über eine sehr unseriös wirkende ausländische Website, wegen der wir auch größtenteils die Finger davon ließen – musste er trotz aufgedrehtem Bruder und nervenden Eltern, die auch nicht unbedingt immer hinter den Lehrmethoden seiner Schule standen, den Stoff nur mit der Hilfe seiner Eltern durchgehen.
Hier möchte ich gerne kurz eine Frage an diese Schule stellen. Was ist euer Problem? Ich habe in der Verwaltung gearbeitet, ich weiß, jede Schule hat ihr Budget und sollte dieses nicht überstrapazieren, aber ich weiß auch, dass es den DigitalPaktSchule gibt und ich habe diesen von meinem Partner mehr als einmal aufgebracht erklärt bekommen – auch wenn ich ihn bereits nach der ersten Erklärung verstanden haben, aber ich habe eben als Ersatz für die nicht zuhörende Schule gedient. Hattet ihr wirklich nicht die Möglichkeit diesen verhältnismäßig geringen Betrag in die Hand zu nehmen, um euren Lehrern Microsoft Lizenzen zu kaufen und die von Microsoft kostenlos für deren Schüler zur Verfügung gestellten Schülerlizenzen zu nutzen? Home schooling kann einfach oder schwierig sein, euer Weg war nicht nur schwierig sondern in meinen Augen auch gefährlich. Über diese Schule könnte ich mich hier noch lange auslassen, auch wenn mein Sohn sie sehr mochte, vielleicht tue ich das in einem späteren Post über ‚Schule während der Pandemie‘ noch, aber an dieser Stelle sollte ich den Bogen bekommen zum heutigen Tag.
Mein Sohn hatte sich auf den heutigen Tag bereits gefreut, als er in der zweiten Klasse das erste Mal die Rituale seiner Schule für die Verabschiedung mitbekommen hatte. Aufgeregt hatte er davon erzählt, dass die ganze Schule Spalier stehen würde und die vierten Klassen würden dadurch rennen auf dem Weg in ihre neue Schule. Wie sah die Realität unter der Pandemie aus? Die 4a lief durch das Spalier der 4b und umgekehrt. Es war ein Kompromiss und doch standen mir die Tränen in den Augen, als ich diese Szene im schlimmsten Livestream meines bisherigen Lebens sah. Auch das war für mich sehr unangenehm, wir waren uns nicht sicher, wie die Schule die Maßnahmen umsetzt und hatten von unserem Sohn schon mehrfach gehört, dass die Rektorin zwar einerseits sehr hart an den Regeln blieb – Lehrerin sollte nicht am Abschiedsfest der Kinder teilnehmen -, aber so schien es, wenn es ihr gerade in den Kram passte, Vorgaben auch mal großzügig auslegte. Wir blieben also Daheim und freuten uns über die Möglichkeit unseren Schulabgänger immerhin über den Livestream sehen zu können.
Was für eine herbe Enttäuschung. Ich habe keine Ahnung, was die Person, die sich um die Umsetzung des Streams kümmerte beruflich macht, aber es hat nicht im entferntesten etwas mit Filmen, Ton oder Streamen zu tun. Ja spielerisch hatte der Herr viel drauf und zumindest das Umschalten auf die Zwischensequenz während des ‚Umbaus‘ hat er gut hinbekommen und seine Drohne, mit der er druch das Schulgebäude geflogen ist konnte er auch einigermaßen steuern, aber die Aufnahme selber war wirklich ein Witz. Wer ein Vogelfreund ist hatte Glück, denn während des Gottesdienstes konnte man den Vogel, der in einem Baum auf dem Schulgelände saß, mit Abstand am besten verstehen. Die Übertragung hatte auch viele Hänger, was vermutlich vielen Hobbyfilmern passiert, es ist doch für mich subjektiv dennoch sehr traurig, dass das Bild immer hing, wenn ich mal die Chance hatte meinen Sohn zu sehen, der scheinbar während der Verabschiedung irgendwo gaaaaaanz weit hinten saß, wo die Kamera einfach keinen Grund fand mal hin zu schwenken. Ja das war nun eher für uns schade, als für unseren Großen.
Nach dem Gottesdienst kam nun das bereits erwähnte Spalier, bei dem ich mich als Mutter gefragt habe, ob es nicht angenehmer gewesen wäre es ausfallen zu lassen. Mein Sohn hatte mich später eines besseren belehrt und mir gesagt, wie glücklich er war überhaupt durch ein Spalier gelaufen zu sein.
Zum Schluss bleibt einem nur die Hoffnung, dass dieser Irrsinn irgendwann endlich ein Ende findet, denn fair, angenehm oder wenigstens ertragbar ist die Situation schon lange und für viele nicht mehr.